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Danziger Hauskalender, 1953 ›
Zbiory Piotra Le¿yñskiego
Der Olivaer Bach und seine Mühlen
Von Heinz Voellner
Jeder Danziger ist wohl immer wieder nach Oliva hinausgefahren, im Sommer zum Baden am Strande von Glettkau, im Winter zum Skilaufen in seinen Wäldern, im Frühling und Herbst, um seine frischgrünen oder herbstbunten Waldtäler zu durchwandern, oder auch nur, um im Schloßgarten spazieren zu gehen. Sie alle haben an irgendeiner Stelle den Bach gesehen, der, aus den Waldgründen hinter Freudental, Pulvermühle und Renneberg herkommend, Oliva und den Schloßgarten durchfließt und in Glettkau in die See mündet. Manche kannten ihn wohl auch genauer, seine versteckten Quellen, deren eine den schönen Namen „Königsspring" führte, seine heimlichen Fischweiher im Wald, seine vielen Seerosen tragenden alten Mühlenteiche im offenen Tal; ich, alter Olivaer, habe ihn sehr genau gekannt. Ich habe auch seine Geschichte erforscht. Vor 20 000 Jahren, als noch viele hundert Meter hoch die schmelzenden Gletscher der Eiszeit auf den Höhen um Danzig lagen, rissen die wilden Schmelzwässer die tiefen Rinnen auf, die uns als Freudental,
Schwabental, Pulvermühlental und Renneberger Tal vertraut waren. Noch stand damals kein Wald, so daß die Wasser ungehemmt die tiefen Täler ausfurchen konnten. Bäche, Rinnsale und Wasserlachen blinkten allenthalben im fahlen Licht und Myriaden von Mücken tanzten über dem trostlosen Land, das nur die Einsamkeit kannte. Das Mammut stampfte durch unsere Täler und fiel und verendete in den Sümpfen, und nichts blieb von seiner Wucht als etwa ein Stoßzahn, gefunden bei Freudental im Walde. Dann wurde es wärmer, und nur fern im Norden noch stand drohend das Eis. Da begrünten sich unsere Hänge und Täler, und es wuchs der Wald, der dem heutigen Menschen Erholung und Ausspannung von der Mühsal und Unruhe des Alltags bot. Durch diese Täler, vielverzweigt wie das Geäst eines mächtigen Baumes, strömen nun seit Ende der Eiszeit die Bächlein hinunter, vereinigen sich bei Ernsttal und fließen als starker Bach durch Oliva und nach Glettkau. Dieses "Olivsche Fließ" und alle Äcker und Wälder weit herum gehörten seit 1178 dem Kloster Oliva. Seine Mönche und später Danziger Bürger als Erbpächter haben aus dem Wildling einen dienstbaren Geist des Menschen gemacht, in viel größerem Umfang als das heute dem oberflächlichen Beobachter noch sichtbar ist. Sie haben seinen Lauf vielfach geändert, sie haben ihn immer und immer wieder gestaut - er war damals viel wasserreicher als heute, da ihm die Wasserwerke noch kein Wasser entzogen - sie haben Fischteiche angelegt und Mühlen erbaut: elf Eisen- und Stahlhämmer, drei Mahlmühlen, vier Pulvermühlen, zwei Papiermühlen, eine Walkmühle, eine Lohmühle und eine "Rohrmühle" (Büchsenschmiede) arbeiteten um 1600 an diesem einen Bach.
Diese Mühlenplätze beginnen schon sehr weit oben nahe den Quellen. Ich habe sie und ihre Schicksale alle erforscht. Wer kannte alle drei Mühlenanlagen beim Gasthaus Freudental? Ganz oben beim "Kohlenweg" (Kohlenmeiler!) die Fournierschneidemühle, die freilich jung war, dann zwischen Wildgarten und Pelztierfarm die "Mittelmühle", eine Mahlmühle, und am Gasthaus den ehemaligen Eisenhammer, der zuletzt noch als Stromerzeuger diente? Namen und Standort der "Pulvermühle" und der Strauchmühle sie mahlte ebenfalls Pulver, vorher war sie ein Kupferhammer kennen viele, aber auch an diesen beiden Quellbächen befanden sich noch Mühlen weiter oberhalb, eine bei Renneberg (dort wurde einmal Eisen "gerennt", d. h. geschmolzen) und eine Walkmühle oberhalb Pulvermühle bei Frischwasser. Wer jemals in Schwabental Waffeln gegessen hat, saß mitten zwischen zahlreichen ehemaligen Mühlenwerken. Dort vereinigen sich die vier Quellbäche und durch ein kunstvolles System von Umleitungen wurde jeder Anlage möglichst viel Wasser zugeführt. Einer der alten Hämmer, dessen Pochen an stillen Tagen weithin zu hören war, arbeitete noch; er schmiedete meistens Pflugscharen aus alten Eisenbahnrädern. Außer ihm hämmerten dort aber früher noch zwei weitere Eisen- und Kupferhämmer und drei Pulvermühlen, wobei es vorkam, daß darin etliche Gesellen "zu Tode gesprenget" wurden. Unterhalb vom Hammer Ernsttal wird der Bach nun wasserreicher, so daß beim "Mormonenschloß" zeitweise sogar zwei Hämmer an einem Stau standen. Dann folgte der "Ribbenhammer" bei der Rosengasse, und zu Füßen des Karlsberges, dort wo die Renneberger Chaussee den Bach
überquert, die Dahlmannsche Mühle. Der Klosterkonvent kaufte 1613 diese Walkmühle des Klostervogtes, weil die eigene Mühle inner- halb der Klostermauern nicht genügend Mehl lieferte, und machte sie zu einer Mahlmühle, bei der von da an die Untertanen mahlen lassen mußten. Damit wurden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, denn es wird ausdrücklich erwähnt, daß nun auch Frauen besser vom Klosterhof ferngehalten werden könnten! Der Teichstau vor dem Wasserfall im Schloßgarten - der Bachlauf durch Kloster und Schloßgarten ist eine künstliche Umleitung - trieb an dieser Stelle einen Drahthammer, der bei der ersten Gartenanlage um 1600 verschwunden ist. Zu beiden Seiten der Zoppoter Chaussee folgen nun die Czachowskischen Mühlen, beide ebenfalls alt, dann die ehemalige Hammerschmiede, später Ölmühle, zuletzt Mahlmühle Günthershof am Wege nach Glettkau mit ihrem baumumstandenen großen Teich. Die nächste Mühle hieß die "Heidmühle". Dort ist sandiger Boden, der bis 1870 von einem ausgedehnten Kiefernwald, der "Heide", bedeckt war. Wer den Kaisersteg nach Glettkau gegangen ist, kennt noch die großen einzelnen Kiefern am Wege, Reste des ehemaligen Waldes. Der Mühlenplatz liegt an der alten Landstraße von Danzig über Poggenkrug nach Zoppot und weiter nach Pommern. Hier standen eine Mahlmühle und ein Kupferhammer. Unterhalb der Heidmühle kommt man dann zu dem meist hochgerühmten Park von Konradshammer, der "Perle der Erbpachthöfe". Hier standen schon lange vor 1540 ein Eisenhammer, eine Schneide- und eine Kornmühle. Diese Anlagen sind wohl nach der Klostermühle die ältesten am Glettkaubach gewesen, denn sie liegen an der dazu am besten geeigneten Stelle. Über Konradshammer verläuft nämlich die von Zoppot nach Saspe ziehende alte steile Kliffküste, wo man den Bach, der hier seine stärkste Wasserführung hatte, nur zu stauen brauchte, um ein großes Gefälle für den Antrieb mehrerer Mühlräder zu erlangen. Auch lag hier die schon vorklösterliche pomoranische Siedlung Przymore (= am Meere). An die Stelle der Mahlmühle trat zu Beginn des 17. Jahrhunderts eine Papiermühle, wie sie damals auch in dem auf jungem Boden liegenden Glettkau erbaut wurde. Der Bach hat seinen zwar kurzen, aber tätigen Lauf beendet. Er hat die liebliche, so liebenswerte Olivaer Landschaft miterschaffen, er gab dem Menschen das Wasser, zuerst dem Dorf der Ostgermanen unter dem Karlsberg, dann dem Kloster und seiner Siedlung, dem mühlenreichen Oliva, zuletzt dem Wohnviertel und Erholungsort der Großstadt Danzig. Vielen Menschen hat er unendliche Freude bereitet, mir dazu das erregende Abenteuer des Forschens und Entdeckens, als ich in Natur und Archiven seiner Geschichte nachspürte. Ich weiß nicht, wie es heute in den Tälern des Olivaer Baches aussieht. Jene glücklichen Jahre liegen fern, höhere Berge und tiefere Täler umgeben mich nun und andere Bäche rauschen. Sie sind schön, und ich habe sie liebgewonnnen. "Der Mensch schlägt Wurzeln überall", sagt ein Dichter, doch er schließt: "aber am köstlichsten ist Heimat, und aller Dinge Ursprung ist sie."
Osteband Glettkau mit Sessteg und Kurhaus.
Waldsanatorium Oliva.
Winterstimmung im Olivaer Schloßgarten.
Oliva. Blick auf den Karlstrum.
Fischerhäuser in Glettkau.
Blick auf das winterliche Oliva.
Schloßgarten Oliva. Die. "Fürstliche Ausxicht" im Winter.
Po 1945 roku:
50. Glettkau, Kirche.
51. Oliva, die Kathedrale, der nur noch ihre beiden Turmhelme fehlen.
52. Oliva, Schloßteich mit Schwänen. In Oliva sieht es wieder genau so wie vor dem Kriege aus auch der Schloßpark macht wieder einen gepflegten Eindruck.
53. Oliva, das ausgebrannte Schloß.
54. Oliva, Schloßgarten in der Nähe vom Wasserfall.
55. Oliva, Am Karlsberg.
56. Oliva, Markt.
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